Trauerrede von Tobias P.M. Schneid



Grabrede des Komponisten Tobias P.M. Schneid, gehalten am 30.03.2019

Herbert Rosendorfer – wie Heinz Winbeck Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste – hat die letzte Fürbitte, die in seinem Requiem verlesen wurde, selbst vorformuliert:
Sie lautete: „Lieber Gott, ich bitte Dich, dass es Dich gibt“.
Winbeck selbst hat in einem Zeitungsinterview einst geäußert, daß MUSIK für ihn der stärkste Gottesbeweis sei.
In einem langen Gespräch über den Schluß seiner 5. Sinfonie hat er mir einmal erzählt, dass er in ihr seinen eigenen Tod sehe.
Eine zutiefst beseelte, existentielle Musik, frei von unnötigem und vordergründigem Ballast, die im Reinen ist mit sich selbst und den beiden großen Fragen, die ihn immer beschäftigt haben:
dem WOHER und dem WOHIN.

Und wenn ich diese Musik höre – und ich habe sie erst gestern wiedergehört – weiß ich, daß er nun - gut aufgehoben - an einem Ort ist, an dem all die Widrigkeiten, Kleinheiten und Missstände im Gesellschaftlichen aber auch im Musikalisch-Künstlerischem, die ihm zeitlebens zuwider waren, und denen er immer den Rücken zugewandt hat, keine Bedeutung mehr haben und keine Qualen mehr für ihn sind.
Daß er an einem Ort ist, wo die abstrakten Wahrheiten die diese beiden Fragen aufwerfen, und die er durch seine Kompositionen zu ergründen suchte, ihn nun hegend umgeben und umfangen, und ich bin beruhigt und weiß, daß es ihm nunmehr gut geht.
Diese Suche..... die Suche nach der eigenen Herkunft, dem Kernpunkt des Seins, hat er mir – und ich glaube, ich kann diesbezüglich für alle Studenten und Komponisten, die mit ihm in intensivem Gedankenaustausch gestanden haben, sprechen – versucht im Kompositorischen wieauch im Persönlichen zu vermitteln, und hat zumindest mir damit – und mindestens musikalisch – das Leben gerettet.
Sein untrügliches Gespür für oberflächlich Gemachtes und mäßig Durchdachtes, aber vor allem für nicht bis in schmerzlicher Intensität und schonungsloser Intimität Gefühltes, hat uns Studenten immer wieder den Spiegel vorgehalten, und uns damit die existentielle Dringlichkeit der Suche nach sich selbst stets verdeutlicht.



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